Der Druck einer Gesellschaft im Wandel setzt den Menschen zu. Sie sind mit existentiellen Fragen konfrontiert, spüren die Folgen der Beschleunigung der Arbeitswelt, haben Respekt und zum Teil auch Angst. Respekt und Angst vor den gesellschaftlichen Veränderungen, vor den Herausforderungen einer ungewissen Zukunft, vor den hohen Bildungs- oder gar Weiterbildungserwartungen ihres Umfeldes und ihrer Arbeitgeber.
Auch Eltern, losgelöst von ihrer Integration auf dem Arbeitsmarkt, spüren den mannigfachen Druck, welcher die Gesellschaft auf sie und ihre Kinder ausübt. Namentlich Eltern mit kleinen Kindern oder Schulkindern nehmen die gesellschaftlichen und demographischen Veränderungen sehr wahr. Sie leben in einer älterwerdenden Gesellschaft, in einem Umfeld, welches von einer Vielfalt von Lebensformen geprägt ist. Das alles verunsichert und fordert heraus. Eltern haben sich bewusst für eine Biographie mit Kindern entschieden, was heute keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Eltern übernehmen Verantwortung – doch sie werden auch zur Verantwortung gezogen, ob zu Recht oder Unrecht sei dahingestellt. Fakt ist: Eltern spüren ganz besonders den vielfältigen Druck.
Leistungsdruck, Zeitdruck, Organisationsdruck, Erziehungsdruck, Anforderungsdruck und Finanzdruck sind nur einige Stichworte. Sie verdeutlichen aber die gestiegenen Anforderungen an Eltern aller Sozialschichten. Selbstverständlich hat Druck sowohl eine subjektive wie auch eine objektive Komponente.
- Subjektiv, weil die Befindlichkeit jedes Einzelnen über die Wahrnehmung des Druckes entscheidet.
- Objektiv, weil in unserer Wissens- und Technologiegesellschaft die Anforderungen an die Bewältigung des Alltages, also auch des Berufs enorm gestiegen sind.
Eltern aller Sozialschichten spüren diese Drucksituationen. Für sie bedeutet ein Leben mit Kindern primär Glück und Sinn und doch nehmen sie die vielfachen Spannungen wahr, die mit einem Familienleben verbunden sind. Ihre Werte, ihre familiären Werte stehen jenen Werten unserer wettbewerbsorientierten und fordernden Wirtschaft gegenüber. Dieser Wettbewerbsgedanke hält zunehmend auch Einzug in die Familien. Eltern wünschen optimale Startchancen, suchen die besten Angebote und wissen dennoch oft nicht welche dieser Angebote wirklich den Bedürfnissen der Kinder gerecht werden. Diesem Bildungs- und Anforderungsdruck des mittleren und oberen Mittelstandes steht der real existierende Finanz- und Integrationsdruck der bildungsfernen Familien gegenüber. Die Herausforderungen sind somit deren viele.
Es muss uns allen aber ein Anliegen sein, dass die heutigen Erwartungen an die Familien unseres Landes angesprochen werden, denn der Druck muss der Zufriedenheit und Ausgeglichenheit weichen. Familien brauchen Raum, um sich auszutauschen, Zeit um Familie zu leben, Verständnis der älterwerdenden Gesellschaft statt Schuldzuweisung.
Die Leistungen der Familien müssen vermehrt wertgeschätzt und anerkannt werden. Familien müssen auch und vor allem in ihren Kompetenzen gestärkt werden, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden.
Je höher die Anforderungen an die Eltern sind, desto höher sind auch diejenigen an die Elternbildung. Eltern brauchen Angebote, die ihre Kompetenzen umfassend und nachhaltig stärken, dies im Wissen, dass nicht alle Eltern das Gleiche benötigen. Sie müssen in die Lage versetzt werden, ihr Lebenskonzept auch umsetzen zu können. Elternbildung braucht die aktive Förderung und Unterstützung durch die Politik auf kantonaler Ebene und auf Bundesebene, denn sie dient der Prävention und der Integration.